Wo die Sonne immer scheint

Die meisten unserer winterlichen Gänsearten brüten in den arktischen bzw. subarktischen Regionen. Einzig die Graugans und die aus Nordamerika eingebürgerte Kanadagans brüten auch bei uns.
Ganz hoch im Norden am Rande des Eismeeres und auf vorgelagerten Inseln brütet die Ringelgans. Sie ist die kleinste der Gänsearten und zieht zudem sehr weit in den Osten. Nur auf der Halbinsel Taimyr brütet sie heutzutage.

Die Nonnengans ist ebenfalls ein hocharktischer Brutvogel, der aber in den vergangenen 30 Jahren sein Brutgebiet von der Insel Nowoya Semya auch an die Küste des Festlandes, nach Kolguev und sogar auf die baltischen Insel Gotland und Öland ausdehnen konnte.

Die Bless- und die Saatgans brüten in den arktischen und subarktischen Tundren Sibiriens und Nordrusslands. Saatgänse kommen zudem in zwei Unterarten vor: die Waldsaatgans brütet weiter südlich in der Taiga von Skandinavien bis nach China, die Tundra-Saatgans brütet von der Kola-Halbinsel bis nach Taimyr.

Seit 2006 erforschen wir im arktischen Sommer die Brutbiologie der Gänse auf der russischen Insel Kolguev in der Barentssee.

Entscheidend ist die Witterung

Die Witterung im Frühjahr hat dabei entscheidenden Einfluss auf den Bruterfolg. Ist das Frühjahr schneereich und kalt, so müssen die Gänsepaare lange warten bis die Brutplätze nutzbar werden. Dies zehrt an den körperlichen Reserven der Gänse. Je länger sie warten müssen, desto geringer ist ihre Kondition und desto mehr Paare verzichten auf ein Gelege oder müssen frühzeitig aufgeben. Hinzu kommt, dass nur in milden Frühjahren die Brutreviere überall bei Ankunft der Gänse nutzbar sind. Auf Kolguyev fanden wir heraus, dass in kälteren Frühjahren die Nistplätze in den höheren Lagen deutlich später für die Gänse nutzbar wurden. Hierdurch verlängert sich der Zeitraum, in dem die Gänse brüten. Prädatoren wie Eisfuchs oder Eismöwen haben damit mehr Gelegenheiten, erfolgreich zu jagen. Wenn in milden Frühjahren alle Küken auf der Insel innerhalb weniger Tage schlüpfen, können die Freßfeinde nur einen kleinen Anteil davon erbeuten. Dann überleben mehr Küken. Die Witterung beeinflusst also den Bruterfolg maßgeblich - das können wir auch im Herbst in Westeuropa nachzählen.