Gänsefang

Jeden Sommer mausern die Gänse ihr Großgefieder. Dabei verlieren sie mehr oder weniger gleichzeitig alle Schwungfedern und können daher gut 4 Wochen nicht mehr fliegen. Das ist für die Vögel natürlich sehr gefährlich und daher sammeln sie sich an großen Seen zu großen Trupps. Bei Gefahr können sie so schnell zum Wasser rennen und sind sicher. Häufig laufen sie auch von einem See zu einem anderen, wenn die Entfernung nicht so groß ist. Gänseforscher können sich das zunutze machen: wenn man das Verhalten der Gänse beobachtet, kann man die Fluchtwege identifizieren und große Fangreusen in diese Wege stellen. Die Mauserseen befanden sich zwischen 6-8km vom Camp entfernt, wo die Insel mehr Hügel und Seen hat. In diesem Gebiet wurde mehrmals die 160m lange Fanganlage aufgestellt. So können die Gänse dann mit Fußringen der Vogelwarte und einer zusätzlichen Halsmanschetten beringt. Von Mitte bis Ende Juli konnten so in mehreren Fangaktionen 100 Bless- und 16 Saatgänse markiert werden.
Später im August konnten mehrere dieser neu beringten Gänsefamilien an den gleichen Seen beobachtet werden, wo sie gefangen und beringt wurden.

Bruterfolgskontrolle

Nachdem die Gänse- und Entenküken geschlüpft sind, bleiben Eischalen und die Eimembran im Nest liegen. So ist es möglich, am verlassenen Nest auszuzählen, ob und wieviele Küken in dem Nest geschlüpft sind. Die Untersuchung des Schlupferfolges ist ein wichtiger Teil der Studien, um mehr über den Zusammenhang von Bruterfolg mit Witterung, Prädation und Schneelage zu erfahren. Daher werden alle bekannten Nester erneut kontrolliert. Dies sind zumeist mehrere hundert Nester in einem weiten Umkreis um das Camp. Weiterhin gibt es festgelegte Probeflächen von 500x500m, die schon über mehrere Jahre immer wieder erfasst wurden. Hier wird ein direkter Vergleich zwischen den Jahren möglich. Diese ganze Arbeit wird natürlich zu Fuß erledigt. Mithilfe von Computer und GPS werden zuvor die Routen festgelegt, die einzelnen Teams zu laufen haben, damit kein Nest ausgelassen wird.

Erkundung in den Norden Kolguevs

In der letzten Juliwoche und die ersten Tage des August waren für einen Erkundungstrip in den Norden Kolguevs vorgesehen. Eine Aufgabe war es, die Gänsefamilien und Mausertrupps dort zu erfassen und weiterhin faunistische Daten zu sammeln, denn im Norden der Insel wurden bislang fast keine Untersuchungen durchgeführt. Aus diesem Grund besuchten wir zunächst die schon bekannten Wanderfalkenhorste, um auch hier festzustellen, dass der Bruterfolg in diesem Jahr gering war. Allerdings fanden wir einen bislang unbekannten Rotfuchsbau. Auf dem Weg lagen zudem ein verlassener Leuchtturm und ein verlassener Bohrturm. An beiden Türmen fanden wir Bruthorste des Gerfalken. Die Jungen waren zu diesem Zeitpunkt bereits schon sehr groß und flügge, doch hielten sie sich noch in der Nähe ihres Geburtsortes auf.
Ebenso haben wir auf dieser Tour die Wetterstation im Norden der Insel besucht. Hier werden die Wetterdaten gesammelt, die sich im Internet nachsehen lassen und die uns über das Satellitentelefon jede Woche zugeschickt wurden. Zu unserer Überraschung fanden wir in der Nähe des verlassenen Leuchtturms eine kleine Küstenseeschwalbenkolonie.

Familienzählung im Gänseland

Die letzten Tagen der Expedition sind geprägt von der Erfassung der Gänse-, Enten- und Schwanenfamilien. Dafür werden vor im GPS definierte Erfassungsrouten von 25-30km Länge abgelaufen und entlang dieser Strecken die Zahl der mausernden Gänsefamilien erfasst. Gleichzeitig wird die Jungvogelzahl je Familie festgestellt, denn so lässt sich später ein mittlerer Aufzuchterfolg je Paar errechnen und mit den Geleggrößen und Schlupferfolgen vergleichen. In diesen Mausertrupps wurden mehrere markierte Vögel entdeckt. Darunter war auch eine Gans, die wir in der Nähe des Camps beringt hatten und die nun 4 Wochen später mit ihren Küken 14km Luftlinie vom Nest gefunden wurde.
Insgesamt wurden mehr als 200 Seen besucht und dabei mehr als 2.000 Gänsefamilien gefunden und ausgezählt.